Tafernwirtschaft

 

Tafernwirtschaft? Was war das denn?

Eine Tafernwirtschaft war damals der kommunale Mittelpunkt in weltlichen Angelegenheiten der
Bewohner des Dorfes: Der Wirt einer Tafernwirtschaft hatte in früheren Zeiten das Tafernrecht inne.
Dieses Recht, in etwa mit der heutigen Gaststättenkonzession vergleichbar, beinhaltete verschiedene
Privilegien. Es wurde vom Landesherrn verliehen. Danach hatte der Wirt einer Tafernwirtschaft nicht
nur das öffentliche Schank- bzw. Krugrecht, das Herbergs- und Gastrecht sowie die „Fremdenstallung“
(die Versorgung und das Unterstellen der Zug- und Reittiere), sondern er durfte auch Verlöbnisse, Hochzeiten, Stuhlfeste, Taufmähler, Leichenschmaus und Gerichtsverhandlungen bewirten. Es war ihm erlaubt, Bier, Wein und Branntwein auszuschenken.

Tafernwirtschaften gab es eigentlich in jedem größeren Dorf, denn überall wurden Geschäfte gemacht, es wurde vererbt und verteilt, geheiratet und gestorben. Mit offenen Augen durch Ortschaften wandernd findet man so manchen Prachtbau, der meist verfällt oder wenn nicht, dann längst abgerissen wurde wie die alte Tafernwirtschaft in Amerdingen.

 
Bild aus Wikipedia zum Thema: Brueghel der Ältere: Bauernhochzeit
Zum Tafernrecht gehörte auch das Braurecht, das Brennrecht und die Backgerechtigkeit, d. h. das Recht, Backöfen anzulegen und Brot zu backen.
Eine Tafernwirtschaft erfüllte aber auch eine soziale Verpflichtung: Sie musste wandernde  Handwerksgesellen gegen Geld oder handwerkliche Gegenleistungen beherbergen. Ein Wirt ohne Tafernrecht war ein Schankwirt. (aus Wikipedia) 👉👀
 

 

Beispiel für eine Tafernwirtschaft: Amerdingen, leider schon lange abgebrochen

 Wenn diese Zentren fehlen, dann kommt es einem vor, als ob die Seele des Dorfes herausgerissen wurde. Freude aber macht es, wenn solche Zentren erhalten geblieben sind und weiterleben, wie das Gasthaus Adler in Glöttweng.
 
Die im Jahr 1933 neu errichtetete Gastwirtschaft Adler in Glöttweng,
ehemals Tafernwirtschaft und Reiseherberge, aufgenommen im Sommer 2020

 

Betrachtet man heute das Ortsbild von Glöttweng von oben (zum Beispiel in Google Maps), so ist die ehemalige Örtlichkeit noch gut zu erkennen. Von der Familie Fink im Jahr 1878 erworben und heute noch geführt, wurde zwar das Stallgebäude 1906 dazugebaut, was man an den Originaldachziegeln erkennen kann. Und auch das Gasthaus wurde 1933 abgerissen und im selben Jahr wieder neu erbaut, aber der Aufbau des Anwesens, die Umrisse, die Lage der Ställe und die Form der Gastwirtschaft dürften sich nach dem Original gerichtet haben. Das Austragshaus auf dem Gelände von 1911 wird gerade eben liebevoll und aufwändig renoviert. Und die freundliche Einladung in den Biergarten werden wir sicher im Sommer annehmen, es gibt hier für uns noch viel zu sehen. 

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