Oswald Gistl (1770–1838), Tafernwirt in Glöttweng

Oswald Gistl (1770 1838),
Tafernwirt in Glöttweng

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Mein vierfacher Urgroßvater Oswald Gistl wuchs  auf als Sohn des Wirts Martin Gistl in der Tafernwirtschaft in Glöttweng. 

Glöttweng lag damals direkt an der Hauptverkehrsstraße von Augsburg über Horgau, Zusmarshausen und Günzburg nach Ulm. Hier befand sich die Tafernwirtschaft mit einer großen Pferdestation wahrscheinlich an dem Ort, an dem heute das Gasthaus Adler der Familie Fink steht. Es ist mit Hausnummer 1 in den Kirchenbüchern bezeichnet, im Steuerkataster von 1835 wird die Gastwirtschaft "Zum schwarzen Adler" genannt.

Was war denn eine Tafernwirtschaft? Dazu mehr hier 👉👀👀

Eine Tafernwirtschaft war damals der kommunale Mittelpunkt in weltlichen Angelegenheiten der Be-wohner des Dorfes. Es macht Freude, wenn solche Zentren erhalten geblieben sind und weiterleben, wie das Gasthaus Adler in Glöttweng.

 
Die im Jahr 1933 neu errichtetete Gastwirtschaft Adler in Glöttweng,
ehemals Tafernwirtschaft und Reiseherberge, aufgenommen im Sommer 2020

Betrachtet man heute das Ortsbild von Glöttweng von oben (zum Beispiel in Google Maps), so ist die ehemalige Örtlichkeit noch gut zu erkennen. Von der Familie Fink im Jahr 1878 erworben und heute noch geführt, wurde zwar das Stallgebäude 1906 dazugebaut, was man an den Originaldachziegeln erkennen kann. Und auch das Gasthaus wurde 1933 abgerissen und im selben Jahr wieder neu erbaut, aber der Aufbau des Anwesens, die Umrisse, die Lage der Ställe und die Form der Gastwirtschaft dürften sich nach dem Original gerichtet haben. Das Austragshaus auf dem Gelände von 1911 wird gerade eben liebevoll und aufwändig renoviert. Wir haben im Sommer 2020 diesen Ort besucht. Die Bedeutung des Ortes ist noch deutlich zu erkennen. 

Und die freundliche Einladung in den Biergarten werden wir sicher im Sommer annehmen, es gibt hier für uns noch viel zu sehen.

Zurück zu Oswald Gistl

Oswald Gistl kam am 30. Januar 1770 in Glöttweng als Sohn von Johannes Martinus Gistl und der Maria Anna Höck zur Welt. Sein Vater war bereits in der Tafernwirtschaft in Landensberg aufgewachsen und hatte dann nach Glöttweng in die dort bestehende Tafernwirtschaft eingeheiratet. 

(Mehr Informationen zu Martin Gistl gibt es hier!👉👀)

Aber schon als Oswald eineinhalb Jahre alt war, starb seine Mutter Maria Anna nach knapp sechs Ehejahren und hinterlies zwei Halbweisen. Der Vater heiratete sehr schnell wieder. Schließlich mussten die Kinder versorgt und die Arbeit in der Wirtschaft getan werden. Maria Daehlerin wird die neue Tafernwirtin und Stiefmutter von Oswald und Catharina, seiner 5 Jahre älteren Schwester. 

Oswalds Großvater Georgius Höck lebte noch und wird weiter mitgeholfen haben und dagewesen sein. Er stirbt am 1. November 1784, als Oswald 14 Jahre alt ist. So hat Oswald wahrscheinlich zwar seine Mutter verloren, aber doch eine Stiefmutter und den Großvater im Bunde gehabt. Aber bereits ein Jahr später stirbt sein Vater Martin Gistl am 9. Juli 1785, als Oswald gerade 15 Jahre alt ist. 

Nun sind zwei Generationen über Oswald weggebrochen. Wie muss das für ihn gewesen sein? Mit Anton Schieferle aus Wettenhausen, der am 19. September 1786 die verwitwete Maria Gistl heiratete, kam aber bald wieder ein Mann in die Wirtschaft, der die Verantwortung übernahm. 

Oswald Gistl heiratet 1795 und übernimmt die Tafernwirtschaft in Glöttweng

Bei Anton Kindig (2009) [1] ist zu lesen, dass mit der Urkunde des Pflegamtes Aislingen vom 8.8.1795 Anton Schieferle, Wirt zu Glöttweng, die Wirtschaft samt Zubehörde, landw. Grundstücke und Waldflächen an seinen Stiefsohn Oswald Gistel übergab. Schon im Februar diesen Jahres heiratete der 25jährige Oswald die 19jährige Juliane Kayser aus Auerbach bei Horgau. Ihre Eltern Nicolaus Kayser und Walburga, geb. Zecheterin, sind Verwalter, Bauern und Lehensleute bzw. Pfründner in Auerbach bei Horgau. Juliane hatte 7 Geschwister, darunter ein Zwillingspaar. Ihre Mutter kam aus Lautersbrunn bei Heretsried. Sie wohnten (laut Sterbeurkunde) in Auerbach Nr. 17.

Aus dieser Ehe gehen 9 Kinder hervor: Joseph, mein dreifacher Urgroßvater wurde 1799 geboren, Oswald jun. 1801, Juliane 1802, Johann Georg 1805, Creszentia 1807, Maria Theresia 1809 und Johann Georg 1812.

Wie dann alles weiterging . . . vielleicht findet ein Weggefährte die Lösung  . . .

Verkauf der Tafernwirtschaft in Glöttweng im Jahr 1824

Aktenkundig nachvollziehbar ist nun aber wieder eine Zeitungsanzeige vom 9. Dezember 1824 in der Augsburgischen Ordinari Postzeitung. Da war Oswald Gistl, hier mit e geschrieben, 54 Jahre alt.  Mein Vorfahr Joseph Gistl war noch nicht verheiratet, sein Bruder Oswald jun. steht auch weiterhin als Söldner in den Kirchenbüchern. Dieser heiratet 1822 Katharina Eberhardt.


 
Anzeige aus der Beilage zu der Augsburger Ordinari Postzeitung vom 9.12.1824👉👀

 Text dazu:

Nachdem der Tafernwirte Oswald Gistel in Glöttweng selbst gefügten Antrage seiner Kreditorschaft findet nunmehr der gerichtliche Verkauf des gedachten Wirthes Anwesen statt. Dieses Anwesen besteht:
a) aus dem gebundenen Wirtschaftsgute, in Wohnhause, gesonderten Stadel und Stallung, 1 Tagwerk Wurzel- und Grasgarten, 12 Jaucher Äecker, 1 Tagw. Maad und ganzer Gemeindegerechtigkeit,
b) aus dem sogenannten Pfarrwiddumgute von 8 ½ Jchrt. Äecker und 6 Tagw. Wiesen.
c) aus 4 Jauchert walzenden Äeckern; und d) aus ½ Tagw. Eigenem Maade am Krautgarten.
Üebrigens ist das Wirtschaftsgebäude wegen der zunächst vorbeyfahrenden Augsburger Ulmer Landstraße und wegen den an dem Platze sich bedingenden Vorspannsleitungen??? für einen jeweilgen Besitzer sehr vorteilhaft gelegen; derselbe darf sich bey einem guten Wirtschaftsbetriebe eine genügende Mannsnahrung versprechen, und derselbe kann auch versichert sein, dass ihm von Seite der gistlichen (???) Kreditorschaft eine Summe von 1800 fl bis 2000 fl als ein zu 5 Prozento verzinsliches Kapital auf der Wirtschaft bestehen lassen werden dürfte. Zugleich werden auch die bestehenden Bräugerätschaften, nebst den im Inventare vom 23. Juni d. J. aufgenommenen Haus- und Baumannsfahrnissen, Vieh, Früchten, Futter und Stroh etc. im Hause gegeben, und was hiermit ebenfalls zur allgemeinen Kenntnis bemerkt wird. Als Kaufstermin zu obbeschriebenen Realitäten und hiebey sich befindlichen Mobiliarobjekten wird Montag der 27. Dez. 1824 hiemit anberaumt, und dies mit dem Anhange zur Publizität gebracht, daß die Kaufshandlung im Orte Glöttweng vor sich gehe, wohin nun die allenfälligen Kaufsliebhaber zu erscheinen an sich vorgeladen werden. Was die Kaufsbedingnisse betreffen, so sollen die Käufer hierüber am Steigerungstage genügend Aufschlüsse erhalten, nur hinsichtlich der auswärtigen, und diesseitigen Gerichte unbekannte Käufer bleibt vor der Hand bemerkt, dass sich diese mit legalen Vermögens- und Sittlichkeitszeugnissen auszuweisen haben, wenn sie die Zulässigkeit der Kaufshandlung gewärtig seyn wollen.

Burgau, den 30. Nov. 1824. K.b. Landgericht, Kuttler, Landsrichter.

Oswald Gistl jun. heiratet 1822 Katharina Eberhardt, am 22. Oktober 1833 dann die Juliane Gwaltsleitner und steht weiterhin als Söldner in den Büchern. Sehr wahrscheinlich hat er das Anwesen im Wald bewirtschaftet. 

Erst zum 25.Juli 1835 verkaufte dann Oswald Gistl das Wirtsanwesen mit 57,16 Tagwerk Grundbesitz an Johann Rehm aus Fleinhausen, der sich hier verheiratet hatte. Warum Oswald und welcher Oswald (jun. oder sen.) damals verkauft hat, weiß ich nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, vielleicht findet jemand irgendwann den Grund heraus. 

Oswald Gistl sen. stirbt am 2. Februar 1838 in Glöttweng im Alter von 68 Jahren, also 3 Jahre nach der Versteigerung. Vielleicht ist er in die Ruhe des Waldes gezogen, denn hier gibt es das Anwesen mit der Haldenwangschen Nr. 70, das Gistl-Besitz war. Zumindest ist Enkel Johann, der Sohn von Oswald jun. hier im Waldanwesen im Jahr 1826 geboren (vgl. Kindig). Hat er hier einfach nur seinen Ruhestand genossen?

Sein Sohn Joseph ist auf jeden Fall damals als Bräumeister nach Haldenwang gezogen. Er hat dort nur ein paar Kilometer entfernt von seiner Heimat beim Schloss gewohnt und Johanna Unterseher aus Haldenwang geheiratet. 

Aber das ist eine andere Geschichte, die auch hier im Blog erzählt wird. 👉👀.

Josephs Bruder Oswald Gistl jun. stirbt 1856 bei Haldenwang im Wald beim Holzfällen, davon zeugt ein Marterl im Wald, im sog. "Fetzer". Ganz in der Nähe ist ein Brunnen mitten im Hochwald, der als "Gistl-Brunnen" bezeichnet wird.

Aber das ist eine andere Geschichte, die auch hier im Blog erzählt wird. 👉👀.

Vielen Dank übrigens an die Familie Georg und Irmgard Fink, die heutigen Wirtsleute des Adlers in Glöttweng, die mir postwendend eine E-Mail mit vielen interessanten Informationen zugeschickt haben. 💓 


 Wer was weiß, kann mir eine Mail schicken. Ich werde die Texte hier dann gerne ergänzen. :)

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[1] Anton Kindig (2009): Glöttweng: die Geschichte eines kleinen Dorfes "in de Holzwinkel"